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Glück oder Glückseligkeit?

Über das, was wirklich zählt im Leben, und was zu den unveräußerlichen Menschenrechten gehört. Zu Gast bei Iris Zimmer's 'Raunächten'

Nach einem ersten Besuch zum Sonntagsgespräch hat mich die Kongressveranstalterin und passionierte Gärtnerin Iris Zimmer erneut zum Gespräch eingeladen. Anlass war ihre Reihe “Raunächte 2024”. Inhaltlich haben wir dort fortgesetzt, wo das Sonntagsgespräch endete: Bei der Frage, ob das Streben nach Glück dem Leben einen Sinn zu geben vermag.

Iris Zimmer (00:00:11): Hallo ihr Lieben, schön, dass ihr wieder da seid zu einem neuen Gespräch! Ich habe mir nochmal Dr. Uwe Alschner eingeladen und ich freue mich sehr, dass wir wieder ins Gespräch gehen. Hallo Uwe!

Uwe Alschner (00:00:22): Hallo liebe Iris, ich freue mich genauso!

Iris Zimmer (00:00:25): Ja, unser letztes Gespräch ging ja so über die Big Five und jetzt hast du das alles noch etwas weiterentwickelt und zum Thema ‘Glück und Glückseligkeit’ — und darüber würde ich mit dir gerne sprechen.

Uwe Alschner (00:00:41): Ja, sehr gerne. Da freue ich mich auch drauf. Das ist ein spannendes Thema!

Iris Zimmer (00:00:45): Ja, das ist ein total spannendes Thema. Gerade jetzt so, in den Raunächten, wo man sich wirklich mal überlegt, was ist eigentlich der Sinn meines Lebens? Bin ich glücklich oder nur glückselig? Vielleicht magst du mal direkt auf den Unterschied eingehen, weil viele verwechseln ja wirklich die Glückseligkeit mit glücklich sein.

Uwe Alschner (00:01:06): Ja, also es hat auch damit zu tun, dass vom Sprachlichen her das Wort ‘Glückseligkeit’ ja kaum noch im allgemeinen Wortschatz auftaucht, weil es altmodisch klingt, weil es irgendwie auch das Gleiche zu sein scheint.

Aber es ist eben nicht das Gleiche.

Es ist etwas, was im Zeitalter der Aufklärung oder davor sogar noch, sprich in der Frühen Neuzeit, sehr präsent war und auch ein ganz wichtiges Thema war, weil man sich halt damals auch vor dem Hintergrund 30-jähriger Krieg, Glaubenskriege und so weiter über diese Fragen auch Gedanken gemacht hat.

Eigentlich sind das ja Fragen, die wir Menschen uns schon immer gestellt haben, jedenfalls seit wir bewusst denken. Aber es ist eben der Unterschied, dass Glück manchmal sehr flüchtig ist, sehr oberflächlich definiert wird.

Also ‘Glück gehabt’ ist schon noch, wo man sagt, ‘okay, das hätte auch schief gehen können’. Da ist schon ein bisschen Tiefe mit drin. Aber ansonsten ‘viel Glück’, wenn man sich das so wünscht. Was bedeutet das? Hat man eigentlich nur Glück?

Andersrum, in der Präambel der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten, da kommt es unmittelbar drin vor, auf Englisch allerdings ‘Life, Liberty and the Pursuit of Happiness’ als ‘inalienable Rights’ also die unveräußerlichen und unverletzlichen Rechte eines jeden Menschen, die auf ein Leben, auf Freiheit und auf etwas, was wir dann im Deutschen zuletzt fast nur noch mit ‘Glück’ — Das Streben nach Glück, so heißt ja auch so ein Hollywood-Film — übersetzt haben.

Aber da ist eigentlich tatsächlich die Glückseligkeit schon gemeint, in dem Sinne, dass es etwas ist, worüber Leibniz im 17. Jahrhundert sehr, sehr intensiv nachgedacht hat und da auch in gewisser Konfrontation zu anderen philosophischen Vordenkern gewesen ist, also John Locke beispielsweise oder Thomas Hobbes, also das heißt diejenigen, die heutzutage auch staatsphilosophisch als die grundlegenden Denker der aufgeklärten Staatlichkeit gesehen werden.

Und zu denen stand Leibniz tatsächlich in einem starken Gegensatz und hat eben sehr stark auch diesen planvollen Ansatz des Lebens. Also sprich: es ist kein Zufall.

Von davon war Leibniz zutiefst überzeugt. Er ging davon aus, dass es eine Schöpferkraft gibt. Und da er nun aus dem christlichen Kontext kam, hat er das dann auch mit Gott bezeichnet. Aber er war ja auch intensiv in Kontakt mit Denkern aus Asien. Das heißt, der konfuzianische Blick war ihm auch vertraut. Er hat ein I Ching selbst besessen und damit auch gearbeitet.

Das heißt, er ist da nicht in einem engeren Sinne dogmatisch-missionarisch als solches, sondern es ging ihm um das Gemeinsame, das Verbindende über das Leben.

Und Locke und Hobbes und nach ihm noch weitere haben sehr stark diese sehr materialistische Haltung vertreten, dass es etwas ist, was mehr oder weniger ‘Zufall’ ist, beziehungsweise wo der Mensch sich selbst zum Menschen Wolf wird, und diese ganzen Geschichten der ‘Leviathan’ dadurch dann die Hinwendung zu einem starken Staat als solches.

Und Leibniz war da ganz anderer Ansicht, der gesagt hat, das Streben nach Glückseligkeit, also nach Erfüllung, im Sinne eines Beitrages zum ‘gelingenden Großen Ganzen’, um das mal so neudeutsch zu sagen. So wird das nicht formuliert, aber das ist im Kern das, was dahinter steht.

Also sich selbst in seiner Individualität zu erkennen, auch auszubilden, und auch ‘sein Ding’ zu machen. Jedoch aber immer mit dem Bewusstsein, dass es doch letztendlich schon auch darum geht, etwas beizutragen, damit es auch sozusagen weitergeht in dieser unendlichen Geschichte dessen, was das Leben ist, im ‘unendlichen Spiel’.

Iris Zimmer (00:05:46): Ja, das ist spannend, was du sagst, weil mich macht es immer unglaublich glücklich oder glückselig, wenn ich jemand anderem etwas Gutes tun kann oder ihn unterstützt oder sie unterstützen kann, in die eigene Kraft zu kommen oder irgendwelche Ziele zu erreichen. Das macht mich unglaublich glückselig. Das ist, glaube ich, der große Unterschied zwischen Glück und glückselig.

Uwe Alschner (00:06:13): Ja, also genau. In dem Moment, wo man das Glück — ich will jetzt mal nicht sagen egoistisch — aber es gibt ja die Neurotransmitter Dopamin und Serotonin. Und die sind ähnlich irgendwie schon gelagert.

Das sind beides Glückshormone sogenannte, aber haben einen fundamentalen Unterschied:

Dopamin ist sozusagen das ‘Tschakka!’ Das, was man spürt. wenn man einen Erfolg verbucht hat, wenn man einen Sport gewonnen hat oder wenn ein geschäftlicher Abschluss gelungen hat, dann ist es ja: ‘Tschakka!’

Serotonin ist das, was man…wenn man gibt, wenn man für andere kocht, wenn man mit seinen Kindern ein schönes Erlebnis hat und merkt, die entwickeln sich in die Richtung, wo man Freude dran hat. Das ist dann Serotonin.

Und Dopamin ist etwas, was Suchtcharakter hat. Serotonin hat es nicht.

Und auch da liegt dann schon ein Hinweis, glaube ich, darin, dass es viel eher darum gehen sollte, dieses Gebende, dieses Hingebungsvolle. Nicht in dem Sinne, sich selbst aufzugeben als solches per se. Man muss schon auf sich gut achten. Aber das Bewusstsein, eben des Beitragens. Und das ist genau das, was bei der oberflächlichen Diskussion dessen, was Glück ist.

Wenn du so in den Mainstream-Medien, Zeitschriften beim Friseur oder beim Arzt oder was auch immer, wenn da von Glück gesprochen wird, dann ist das immer was, dein Forscher zum Glück.

Iris Zimmer (00:07:47): Es ist etwas Materielles immer. Das Glück wird gleichzeitig gleichgesetzt mit Materiellem. Und mir kam gerade das Wort ‘Erfüllung’ in den Kopf. Weil Glückseligkeit ist im Prinzip Erfüllung. Und in der Erfüllung steckt die Fülle ja auch schon drin.

Uwe Alschner (00:08:07): Genau. (Ich muss ja einmal kurz, pardon, es hat da gerade dazwischen geklingelt.)

Die Erfüllung, genau, die ist das.

Und vom Wort-Sinn her bedeutet das ja schon implizit, dass wir dem Leben einen Sinn geben wollen, mit etwas füllen wollen, was eben nicht nur ephemerisch, flüchtig ist und dann weg ist, sondern was schon irgendwo auch einen bleibenden Sinn. Schiller spricht dann auch von der ‘Unsterblichkeit des Werkes’, welches bleibt, wenn der Urheber längst vergangen ist.

Und das ist die Erfüllung: wenn wir etwas [unsere Lebenszeit] mit Sinn füllen.

Und das sind natürlich auch in gewisser Weise Begrifflichkeiten oder Konzepte, die ein bisschen außer Mode gekommen zu sein schienen.

Und ich glaube, das hat etwas damit zu tun, dass es ein Interesse dahinter geben könnte und meiner Meinung nach auch dahinter gibt, dass nämlich die Gesellschaft im Blick derer die, … wie soll man jetzt sagen… , oligarchische Strukturen, das heißt Personen oder Kreise, die sich selbst für berufen halten und sich qualitativ abgrenzen wollen und müssen scheinbar gegenüber dem Rest der Menschheit, also die herabblicken und so weiter.

Wer ein solches Weltbild, ein Menschenbild in dieser Art und Weise verfolgt, der hat im Zweifelsfall ein Interesse daran, dass den Menschen das eigentliche Bewusstsein für den Sinn des Lebens abhanden kommt.

Auch das Bewusstsein dafür, dass wir eben tatsächlich unveräußerliche Rechte empfangen haben von der Schöpferkraft. Und noch einmal: nicht, um das jetzt auch nicht ins enge Konfessionelle rein zu zwängen, sondern um das ein bisschen offen zu lassen.

Letztendlich geht es nämlich genau darum, dass es etwas ist, was uns Menschen zu Menschen werden lässt, oder was uns Menschen auszeichnet, im Unterschied auch zu anderen Lebewesen.

Und da bin ich durchaus inzwischen immer mehr überzeugt — auch nach der Lektüre von solchen klugen Geistern wie Leibniz oder Schiller oder Platon oder Thomas von Aquin oder anderen, die einfach genau darauf hingewiesen haben, dass der Mensch tatsächlich mit seiner Gabe etwas anfangen soll. Also mit der Gabe, beides zu haben, Emotion und Verstand, damit diese Schöpfung auch weiterentwickelt wird. Ja, das ist, was dann bei Schiller auch ‘das Spiel’ heißt oder bei John Stralecki eben die ‘Big Five for Life’ oder bei Simon Sinek heißt es ‘Das unendliche Spiel’.

Und das ist dann immer wieder dieser Aspekt der Leichtigkeit, aber gleichzeitig auch der Zweck- und Sinnhaftigkeit.

Iris Zimmer (00:11:06): Ja, und ich glaube noch nicht mal, dass man das tun soll, sondern dass man das tun muss.

Uwe Alschner (00:11:12): Ja.

Iris Zimmer (00:11:14): Ja, um in den Zustand der Glückseligkeit zu kommen. Irgendwas muss man ja tun dafür.

Uwe Alschner (00:11:21): Genau, und Iris, da bist du mir sehr nah. Ich empfinde das auch so, wenngleich ich da auch erfahren habe, dass es … auch mit der Sprache. Die Sprache ist ja auch ein Medium, um nicht nur zu kommunizieren, sondern um Gedanken, um Ideen auszutauschen, um sich darüber von Individuum zu Individuum, von Seele zu Seele auszutauschen in dieser Hülle, in der wir jetzt leben.

Und manche haben aber trotzdem dann scheinbar ein Problem damit, wenn die Sprache Vokabeln verwendet wie ‘müssen’.

Und das hat etwas, nichts von außerem Zwang zu tun, sondern von inneren Drang, würde ich sagen. Und in diesem Sinne ist das ein Muss, auch für mich da etwas zu suchen, was mir aufgegeben ist. Davon bin ich überzeugt.

Das mögen manche altmodisch oder naiv oder sonst was halten, aber das ist aus meiner Sicht wie ein Schuh draus wird.

Iris Zimmer (00:12:19): Ja, ich durfte das auch erleben, wenn ich wirklich drauf höre, was mir aufgegeben wird. Ich komme dann durch die Erfüllung dessen der Aufgabe in den Zustand der Glückseligkeit.

Uwe Alschner (00:12:35): Und das ist dann etwas, was man auch umschreiben kann mit zum allseitigen Nutzen.

Wenn ich den allseitigen Nutzen ins Zentrum stelle, dann bin ich schon automatisch in einem liebevollen, und zwar agapische Liebe, die göttliche Liebe oder die Liebe zur Schöpfung, zum Mitgeschöpf, dann bin ich in diesem Zustand drin und habe da dann auch den Drang, mich da in dieser Weise einzubringen und zu verwirklichen, zur Wirklichkeit beizutragen, so wie sie sich in den Potenzialen, in den Möglichkeiten — das heißt es ja letztendlich — entfalten kann.

Und ja, wir haben einen freien Willen bekommen. Das heißt, wir sind auch in der Lage, Entscheidungen zu treffen oder Wege einzuschlagen, die langfristig nicht ganz so günstig zu sein scheinen. Wenn jeder nur an sich selbst denkt, dann wird das etwas, was sehr schwierig werden kann. Diese Freiheit haben wir.

Wir haben auch die Vernunft, um zu erkennen, dass es keinen Sinn macht. Dass es aber viel eher Sinn macht, das Gemeinsame zu suchen.

In der Unterschiedlichkeit, ja, und sich darauf an zu freuen, anderen Menschen etwas beitragen zu können, was ihnen was bedeutet, ohne dass es mir vorher was bedeutet haben muss. Aber das Erlebnis — du hast es eben auch formuliert — wenn du jemandem beitragen kannst und dann siehst, wie er sich freut, wie ein Fortschritt entsteht und so etwas, das ist ja das, was dann das eigene Herz auch höher schlagen lässt.

Iris Zimmer (00:14:05): Ja, vielleicht ist die heutige Welt deswegen auch so, weil es diesen Unterschied zwischen Glück und Glückseligkeit nicht gibt oder nicht mehr so gibt. Ja.

Uwe Alschner (00:14:16): Ja, also wie gesagt, das ist genau das Thema mit der Oligarchie.

Und wir haben ja jetzt viele ‘gesellschaftliche Krisen’ oder ‘Herausforderungen’ oder was auch immer, die einem ins Auge zu springen scheinen, wenn man den Fernseher doch nochmal irgendwann anstellt oder in die Zeitung doch nochmal reinschaut. Ja, und das ist etwas, was im Letzten sehr wahrscheinlich in viel höherem Maße künstlich erzeugt zu sein scheint, um uns wegzubringen von diesem eigentlichen verbindenden und schöpferischen, kreativen Prozess, damit das Beherrschen von solchen Individuen, die sich nur noch als Verbraucher sehen, ihre Schöpferkraft komplett vergessen haben.

Es spielt gar keine Rolle, in welchem Gebiet diese Schöpferkraft sich dann auszeichnet. Unglaublich viele Möglichkeiten sind da gegeben, sich zu verwirklichen.

Aber wenn wir uns nur noch als Verbraucher sehen, die etwas konsumieren, was uns vorgesetzt wird, dann verlieren wir auch unsere Lösungskompetenz, unsere Freude am Gestalten, am gegenseitigen Zugewinn. Das ist etwas, was dann verloren geht.

Und jemand, der sich selber für besser hält und für berufener hält, der könnte tatsächlich ein Interesse daran haben, dass sich so eine Richtung durchsetzt und genau da könnte dann ja auch ein Weg oder eine Erklärung liegen, weshalb das Fernsehen so ist, wie es so ist, und weshalb im Mainstream so ist, wie er ist: Damit wir immer schön empfangen, dass wir doch nur problembehaftete Individuen sind und ja, den kurzfristig, also five days, ‘thank God, it's Friday’. Ja, also auch da ist ja etwas, jemand, der sich das Wochenende am Montag schon dabei wünscht, der wünscht sich fünf Tage seines Lebens im Prinzip schon weg, anstatt zu erkennen, dass jeder Tag da ist, um gestaltet zu werden und die Zeit ist letztendlich dann in diesem Sinne begrenzt, tatsächlich, und wenn man sich davon schon einen Teil wegwünscht, ist das eigentlich sehr traurig.

Iris Zimmer (00:16:25): Das ist total traurig. Und wenn man das so sieht, dass man am Montag schon denkt, hoffentlich ist bald wieder Freitag. Es ist so traurig.

Also für mich ist jeder Tag Sonntag, weil ich feiere jeden Tag! Das ist für mich Glückseligkeit, dass man wirklich überdenkt, tue ich das, was ich tue, wirklich so, dass es mein Herz zum Singen bringt? Oder darf ich mal überdenken, ob es richtig ist, was ich tue? Also für mich richtig.

Uwe Alschner (00:16:54): Ja. Ich weiß nicht, wie es dir dabei geht, aber ich beherzige das auch zunehmend mehr. Das ist ja auch eine eigene Reise, über die ich ja auch teilweise öffentlich auch schon geschrieben oder erzählt habe.: Ich war nicht immer so bewusst in dieser Hinsicht.

Iris Zimmer: Ich kenne dich noch anders.

Uwe Alschner: Genau! Und das ist dann was, wo man irgendwann auch erkennt, dass es da keinen Sinn macht, dass es andererseits viel mehr Freude macht und dann auch auf einmal lösen sich Dinge, zeigen sich neue Möglichkeiten, zeigen sich neue Chancen, sodass sich da dann dieser Satz zu bewahrheiten scheint.

Was auch Kepler früher schon gesagt hat: es ist das Harmonische, die Welt als harmonisches Gebilde oder Geschöpf, zu dem jeder einzelne beitragen soll! Vorausgesetzt, er ist in der Lage, sich eben auch von der Frequenz her, Harmonie und Frequenz, sich darauf einzustimmen und tatsächlich den gegenseitigen Nutzen in den Blick zu nehmen und nicht die Abgrenzung des meins oder deins.

Iris Zimmer (00:18:06): Ja, es ist genau die Abgrenzung meins oder deins. Das ist ja sehr, sehr extrem mittlerweile. Es gibt kaum noch etwas, was zusammen ist, wo man wirklich sagt, ja, wir machen gemeinsam.

Uwe Alschner (00:18:24): Ja, es fängt in der Schule schon an, vielleicht sogar schon in der Kita, da bin ich jetzt ein bisschen sehr weit weg, aber in der Schule kann man noch erkennen, wo die Kinder drauf getrimmt werden, sich abzugrenzen, nicht voneinander abschauen zu lassen. Nicht dass es darum geht, dass man alles abschauen soll, aber was ist denn schlimm, wenn ich bei meinem Nachbar über die Schulter schaue und mich inspirieren lasse davon, welchen Weg er einschlägt, um dann selber drauf zu kommen, und mich dann in meiner Kreativität weiter auszuleben.

Das heißt, da ist ein System schon, was sehr materialistisch, was sehr auf kurzfristigen Erfolg angelegt ist und das ist etwas, was nicht menschlich ist, würde ich mal so weit gehen, das zu sagen. Es ist eigentlich nicht in uns angelegt. Das ist das, was vielleicht dann eher das animalische. Aber da will ich mich auch gar nicht festlegen.

Iris Zimmer (00:19:17): Es ist schon richtig, was du sagst. Ganz früher haben wir nur Erfahrungswissen gehabt. Da gab es ja nicht, dass das Wissen uns irgendwie in der Schule eingetrichtert wurde, sondern du wurdest ‘an die Hand genommen’ und dir wurde gezeigt und du konntest lernen, du konntest deine eigenen Erfahrungen machen. Und das ist bei dem heutigen System der Wissensvermittlung ja gar nicht mehr.

Uwe Alschner (00:19:43): die Suche nach Lösungen, die Ansprache und auch die Förderung der eigenen Vernunft. Moses Mendelssohn, jüdischer, autodidaktischer Gelehrter und Philosoph, hat der deutschen Klassik, der deutschen Kultur unglaublich viel beigetragen, aber eben auch für die Weltkultur.

Er war ja auch… wurde genannt von seinen Zeitgenossen als ‘Weltweiser’. Das war damals ein bisschen ein Begriff für die Bezeichnung ‘Philosoph’, aber der Weltweise hat einen großen Blick gehabt.

Und Mendelssohn hat auch diesen Aspekt des Beitragens erkannt, dass es darum geht, sich darauf zu fokussieren, um dann die Dynamik an sich selbst zu spüren. Und die Vernunft ist ein ganz zentrales Element dessen, was wir Seele nennen.

Und Mendelssohn sagte, diese Seele ist es, die uns mit dem Unsterblichen, mit dem Ewigen verbindet. Unsere Seele ist auch nach seiner Überzeugung unsterblich.

Wenn unser Körper das auch nicht ist, so ist es doch unsere Seele. Und es geht darum, im Laufe des Lebens diese Seele gut zu behandeln, sich mit dem Schönen, Guten und Wahren zu beschäftigen, anstatt mit dem Negativen und dem Problembeladenen. Auch ein weiteres Thema bei dem Thema ‘Medien’ und ‘Nachrichten’, immer nur Probleme, Probleme, Probleme. Darunter leidet die Seele. Aber diese Seele ist es, was uns mit dem Unsterblichen verbindet.

Und diese Seele ist uns auch die, die uns aufruft der eigenen Erfüllung, nämlich dem eigenen den eigenen Talenten auch Rechnung zu tragen, um jetzt eine biblische Metapher mit reinzubringen. Und noch einmal: nicht, um nicht für das Christentum zu missionieren, sondern um zu zeigen, in allen großen Religionen oder Weltanschauungen hast du diese Elemente des eigentlich Menschlichen drin.

Iris Zimmer (00:21:53): Ja, und vielleicht fühlen sich deswegen so viele Menschen auch nicht gut oder auch traurig, weil sie zum einen vielleicht den Kontakt mit der Seele zu ihrer Seele verloren haben oder weil sie den Seelenauftrag nicht erfüllen.

Uwe Alschner (00:22:11): Ja, genau. Dadurch, dass wir einen freien Willen haben, kann es auch sein, dass in dem Moment, wo sich da durch ein Trauma oder durch was auch immer, eine gewisse Abkopplung ergibt, dass sich dann auch eine falsche Richtung daraus für jemanden ergibt. Dass man glaubt, man müsse diesen materialistischen, kurzfristigen Chakka-Kurs weitergehen, weil man ja immer wieder mehr, mehr, mehr.

Aber auch da ist es schon, das hat auch John Streleky ja in der Safari des Lebens beschrieben mit dem Spiel mit den Ringen. Die kleine Mama Gombe spielt mit dem Großvater dieses Spiel und will immer wieder neu gewinnen und gewinnen und gewinnen. Und aus diesem Drang gewinnen zu wollen, kommt sie gar nicht heraus.

Er sagt, schaust doch einfach mal, dass du den Wurf, die Freude am Werfen, dass du das in den Mittelpunkt deines Unterfangen stellst. Dann hast du nicht mehr den Drang, dass du unbedingt gewinnen musst, sondern du freust dich daran, auf verschiedene Art und Weise dasselbe zu verrichten. Das heißt, diese Vielfalt im Leben, die Mannigfaltigkeit, die im Leben eben auch uns gegeben ist, mal auszuprobieren und sich daran zu erfreuen. Dann ist man weg von diesem kurzfristigen Materialistischen und hat mehr Freude an dem Werden.

Wir sind eine Kraft, eine Einheit, eine Seele, die werden muss und werden will, weil sie eben nicht ewig ist. Das Ewige, das ist, und das Nicht-Ewige (das Vergängliche) das wird. Es ist ‘im Werden begriffen’.

Und auch auf diesem philosophischen Grad, dieser Wahrheit, Soll man sagen, Definition, da geht zum Beispiel auch Mendelssohn sehr ausführlich drauf ein. Das hat mir auch sehr viel Spaß gemacht, mich damit zu beschäftigen.

Iris Zimmer (00:24:04): Ja, um nochmal ganz kurz auf deine Geschichte von Strelecki zu kommen. Es geht ja da bei ihr auch um Wettbewerb, dass sie immer besser sein will wie jemand anders.

Mich hat zum Beispiel noch nie Wettbewerb wirklich interessiert, sondern einfach nur die Freude am Tun. Ja. Okay, zu laufen zum Beispiel mit jemandem, der vielleicht sogar schneller ist, freue ich mich, weil das ist ein Ansporn. Aber ich hatte jetzt nie das Problem, ‘ich bin nur Zweiter oder Dritter geworden, das macht mich jetzt traurig.’

Uwe Alschner (00:24:40): Ja, das haben wir, glaube ich, am Anfang auch nicht, sondern das ist etwas, was wir dann irgendwann mit aufnehmen, weil andere uns anfeuern oder was auch immer, aus welchen Motiven auch immer.

Es gibt ja dieses Phänomen, dass gerade Eltern mit einem hohen Ehrgeiz die Kinder dahin bringen, die Ziele zu erreichen, die sie selber gerne erreicht hätten oder meinen erreicht haben zu müssen.

Und das ist etwas, was den Kindern eigentlich ursprünglich gar nicht so ist. Die haben Freude am Tun, an der Beschäftigung und können darüber dann auch erkennen, dass es qualitative Fortschritte gibt.

Ich meine, alleine schon das Thema Spracheinereignung ist ja etwas, das ist ja nicht nur ein Nachplappern. Das ist ja vollkommen unsinnig, sage ich jetzt mal direkt, zu glauben, dass Sprache nur durch ‘Nachplappern’ erlernt wird. Nein, da findet auch noch eine kreative gedankliche Durchdringung statt in diesem Wesen. Leibniz spricht auch von ‘Gedankendingen’, die sich da formieren.

Das heißt, ein eigener kreativer Beitrag durch die Seele, durch die Vernunft, durch das Denkende in dem Individuum, in dem Wesen, führt dann dazu, dass man das, was man wahrnimmt in der Beobachtung, im Hören oder auch im Sehen, dass man das dann letztendlich weiterentwickelt, also aufnimmt, beherrscht und dann weiterentwickelt und so entsteht dann auch ein Fortschritt.

Ob das sich sprachlich oder dann kulturell oder sonst wie auswirkt, ist dann zweitrangig. Aber das ist das Eigentliche, was die Kreativität dann auch ausmacht. Also das Aufnehmen, das Verstehen dessen, wo es herkommt, also auch das ist, glaube ich, ganz wichtig. Sich nicht nur irgendwie in den luftleeren Raum zu begeben, sondern auch zu schauen: wo kommt das her? Also die Geschichte einer Philosophie oder Geschichte einer Entwicklung, einer Entdeckung, einer Innovation zurückzuverfolgen, um dann zu sagen, okay, das habe ich verstanden und jetzt versuche ich mich mal diesen Gedanken weiterzuführen in Dimensionen, die vorher undenkbar schienen, aber auf einmal dann doch plausibel werden.

Iris Zimmer (00:26:46): Genau, und dieses Verstehen ist wieder Glückseligkeit.

Uwe Alschner (00:26:49): Richtig, absolut.

Iris Zimmer (00:26:50): Mir kam gerade noch der Gedanke zu gewinnen und einfach nur das Sein genießen. Das eine ist wieder nämlich das Gewinnen wollen oder wirklich auch Gewinnen ist wieder nur Glück. Und das andere, einfach nur meinetwegen Lust an der Bewegung zu haben, ist Glückseligkeit.

Uwe Alschner (00:27:12): Ja, genau. Sich selbst über das zu freuen, was einem gegeben ist, was einem zur Verfügung steht, und sich nicht gezwungen zu sehen oder abgesetzt zu sehen, falls mal jemand anders auch solche Freude empfindet, dass das eben etwas ist, wo man sich mitfreuen kann, anstatt sich zu ärgern, dass man nicht in diesem Moment den Sieg davon getragen hat oder was auch immer.

Iris Zimmer (00:27:39): Ja, das ist wunderbar. Haben wir noch etwas über Glück und Glückseligkeit? Jetzt vielleicht in Bezug auf die Raunächte. Da ist ja mittlerweile auch so ein richtiger Sport. Wer macht die richtigen Raunächte? Wie gehe ich am besten da durch? Hast du da etwas, was du uns vorschlagen kannst? Oder wie gehst du die Raunächte an?

Uwe Alschner (00:28:04): Ja, also ich muss gestehen, ich gehe sie... etwas lockerer an und vielleicht ist es auch etwas, wo der eine oder die andere sagen wird, das ist ja aber gar nichts, das, was man aber auch nicht versteht.

Ich habe es immer so gehalten, dass dieser Prozess, sich etwas aufzuschreiben, sich etwas vorzustellen, zu manifestieren und es dann loszulassen, es zu verbrennen in dem Zettel oder wie auch immer, dass das etwas ist, wo ich dann mit dem Universum, mit der Schöpfung, mit der Frequenz in Verbindung gehe, auch eine gewisse Demut dann mir bewahre oder mich damit zurück wieder verbinde, wenn sie mir zwischendurch abhanden gekommen sein sollte, dann auch das anzunehmen, was dann als Antwort kommt. Also jeder nach seiner Facon ist das eine, das ist ein Spruch aus dem 18. Jahrhundert, aber dass wir bekommen, was wir benötigen, ist eine ganz alte, tiefe Wahrheit. Und die ist ja dann auch in den Raunächten, glaube ich, im Kern enthalten, dass wir daran mitwirken, dass wir uns auch fokussieren dürfen, dass wir vielleicht auch das Loslassen brauchen. von anderen Dingen lernen, aber dass es darum geht, anzunehmen, was ist und damit dann etwas Neues zu gestalten.

Iris Zimmer (00:29:38): Wunderbar. Ich bin begeistert von unserem Gespräch. Ich wünsche ganz vielen Menschen, dass sie in die Glückseligkeit kommen und dieses wunderbare Gefühl erleben. Und dir danke ich sehr für dieses Gespräch. Es hat mich glückselig gemacht.

Uwe Alschner (00:29:56): Das freut mich sehr, liebe Iris. Ich danke dir auch dafür, dass du mich eingeladen hast. Und ich wünsche auch allen viel Glückseligkeit. Und damit dann auch, das ist dann der Erfolg, der sich dann einstellt.

Iris Zimmer (00:30:12): Wundervoll, danke dir.

Erstveröffentlichung bei Was-dich-naehrt.de von Iris Zimmer.

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